Maurus Dörig ist Europameister
Maurus Dörig hat an den Europameisterschaften der Zimmerleute brilliert. Nach drei intensiven Wettkampftagen war am Samstagabend, 13. September, klar: Der Unterschlatter hat Gold geholt. Tags darauf ist ihm in Haslen ein gebührender Empfang bereitet worden.
Bescheiden, fast verlegen, steht Maurus Dörig im Eingang des brechend vollen Festzeltes. Das Ständchen der Stegreifgruppe und der Applaus der Menge gelten ihm: dem frisch gebackenen Europameister der Zimmerleute. Eben erst ist der Unterschlatter aus Dänemark zurückgekehrt. Denn vom 10. bis 12. September hatte er sich noch in Herning mit den besten jungen Berufsleuten des Kontinents gemessen. Am Samstagabend, 13. September, schaffte das Rangverlesen dann endlich Klarheit: Gold! Maurus ist der beste Zimmermann Europas – was für eine Leistung. Entsprechend wurde ihm nach der Rückkehr am Sonntagnachmittag im Hasler Chilbifestzelt ein würdiger Empfang bereitet.
Volle Konzentration
«Wir sind mega stolz», empfing Bezirkshauptmann Matthias Renn den 20-jährigen Überflieger. Auf die Frage, wie es für ihn klinge, Europameister zu sein, folgten ein schelmisches «Tipptopp» und herzliche Lacher von den Festbänken. 600 Wettkämpfer aus 33 Ländern hatten in Dänemark ihr Können gezeigt. Die Schweiz war mit 16 jungen Berufsleuten in 14 Kategorien angetreten. «Ich hatte keine Zeit, die anderen Schweizer zu unterstützen», erfuhr man von Maurus im moderierten Gespräch auf der Bühne. Die Tage seien eng durchgetaktet gewesen und er habe sich ganz auf seine Leistung fokussieren müssen, blickte der Zimmermann zurück. Dass mit ihm zu rechnen ist, hat er bereits an den Schweizer Meisterschaften 2023 bewiesen. Schon damals ging der Unterschlatter als Sieger hervor. «Ich habe während meiner Lehrzeit eine spezielle Herausforderung gesucht», erklärte Maurus seine Motivation für die Wettkämpfe, als er von Frau Landammann Angela Koller befragt und beglückwünscht wurde.
Üben, üben, üben
Mehr als 1000 Trainingsstunden seien im Vorfeld der sogenannten «EuroSkills» absolviert worden, hatte das Nationalteam bekannt gegeben – von einem Trainingsplan von mehreren Wochen, sprach Maurus beim sonntäglichen Empfang. Das sei auch nötig gewesen, um am dreitägigen Wettkampf Bestleistungen «abzuspulen». Die gestellten Aufgaben an den Meisterschaften seien «immer ungefähr gleich», stellte Maurus fest. Gefordert würden üblicherweise eine Riegelkonstruktion, ein spezielles Dach und ein Bodenbelag. «Ich habe mittlerweile acht ähnliche Modelle zuhause, die ich nicht gross brauchen kann», lachte der frisch gebackene Europameister auf eine Frage von Matthias Mösli, Vorstandsmitglied der Sektion Appenzellerland von Holzbau Schweiz. Geübt habe er jeweils in einem vier auf sieben Meter grossen «Werkstättli» an verschiedenen Orten in der Schweiz, «bi Lüüt, wo druss chönd», liess er sich von Mösli weiter entlocken.
Auf die Sekunde durchgeplant
Nun sei viel Druck weg. «Jetzt möchte ich zuerst ein wenig die Zeit geniessen – und an den nächsten drei Tagen gehe ich wieder zur Arbeit», sagte Maurus und erntete damit schallendes Gelächter. Albert Manser von der gleichnamigen Holzbaufirma, dem Lehrbetrieb und Arbeitgeber des Europameisters, liess denn auch die Ansage nicht unkommentiert: «Du darfst dir einen Tag frei nehmen», belohnte er die «riesige Leistung der letzten beiden Jahre». Mit einem Schulterklopfer gratulierte Manser und schilderte den Wettstreit aus Zuschauersicht. Er habe bei seinem viertägigen Aufenthalt in Herning «unvorstellbares Schaffen und Perfektion» erleben dürfen. Der junge Europameister habe eine fehlerfrei getimte Leistung abgerufen: «Auf die Minute 18 Stunden nach dem Startschuss war Maurus fertig.» Manser lobte dessen präzise Planung «bis zur letzten Sekunde» und seine Handgriffe, denen man angesehen habe, dass sie «bestimmt 100-mal geübt wurden».

«E Zäckli meh geh»
Zeit und Präzision gelten als die grundlegenden Herausforderungen. Maurus hat hierbei «den Kopf als wichtige Komponente» genannt. Denn am schwierigsten sei gewesen, im ganzen Trubel mit all den Leuten und den aussergewöhnlichen Umständen die Trainingsleistung abzurufen – «ond e Zäckli meh z’geh», wie Maurus im Anschluss auf Nachfrage sagte.
Abschliessend wollte Matthias Renn wissen, was es mit der Glocke auf sich habe, die Maurus beim Einlaufen der Schweizer Delegation in Herning und auf dem Einachser dabei hatte, als er zum Empfang in Haslen gefahren wurde. Jeweils einer aus dem Nationalteam werde zum Glockenträger erkoren, erklärte dieser. Und: «Ich weiss auch nicht, warum die Wahl auf mich gefallen ist – aber ‹isch huere cool gse›.»
An kommende Ziele möge er noch nicht denken, winkte Maurus im Gespräch ab. Dem Sägemehl bleibt er aber auf jeden Fall treu: Wenn nicht bei der Arbeit und an Meisterschaften, dann vielleicht künftig wieder öfter beim Schwingen.
(Text und Bild: Appenzeller Volksfreund, Matthias Brülisauer)